Die Emirati

Eine sehr heterogene Gesellschaft

Der Begriff „Emirati“ beschreibt eine sehr heterogene Gesellschaft und bedarf der Erläuterung. Allgemein lässt sich sagen, dass die Gesamtheit der Emirati ein Konglomerat verschiedener Ethnien und Kulturen ist; eine multiethnische Gesellschaft, wie es sie sonst in der arabischen Welt nicht gibt. Der Durchschnittseuropäer denkt nun vielleicht an Gesellschaften wie dem klassischen Melting Pot in den USA oder Ähnliches. Die multikulturelle Gesellschaft am Golf unterscheidet sich davon aber in wesentlichen Punkten. Vor allem ganz grundsätzlich in der Herrschaftsform. Die UAE sind keine Demokratie im klassischen europäischen oder anglo-amerikanischen Sinne, sondern die soziale Struktur und das politische System basieren auf traditionellen Stammeshierarchien und Familienzugehörigkeiten.

Somit lässt sich der Kern der emiratischen Gesellschaft eingrenzen auf die im Land geborenen; die Einheimischen, die den begehrten Pass der UAE besitzen und in den vollen Genuss des Petrodollar-Wohlfahrtstaats kommen. Diese ursprüngliche Bevölkerung, man könnte auch sagen, die „echten Emirati“ stammen von den arabischen Stämmen der Bani Yas und der Al Qasimi ab. Die Stämme der Bani Yas berufen sich in ihren Traditionen auf die der arabischen Beduinen und dem Leben, das diese vor dem Ölboom in den Oasen von Liwa und Al Ain führten. Die Al Qasimi haben ihre Wurzeln bei den seefahrenden Arabern, einst eine Gesellschaft von Fischer und Händlern, die an der Küste des heutigen Ras al-Khaimah lebten.

Drei Hauptfaktoren sorgen für eine hohe Stabilität der sozialen Schicht der „echten Emirati“: Erstens, ein traditionell gewachsenes soziales System, das auch in der Neuzeit nach wie vor funktioniert: Jeder arabische Emirati hat seinen festen sozialen Platz und ist Teil eines Clans, eines Stammes und der Emirate. Das zweite stabilisierende und integrierende Element ist der Glaube. Die Staatsbürger der UAE sind Muslime und gehören zu 80 Prozent der sunnitischen Richtung an. Der dritte stabilisierende Faktor ist ein Verdienst im Zuge der Modernisierung: Vor allem die junge Generation verfügt über eine sehr gute Ausbildung und über traumhafte staatlich-finanzielle Unterstützung. Angehörige dieser exklusiven Schicht, treffend Locals genannt, bleiben eher unter sich. Die Locals sind eine Minderheit im eigenen Land, ja sie machen maximal 15 Prozent der Einwohner der VAE aus.

Die restlichen 85 Prozent der Bevölkerung sind Ausländer, Expats genannt, die sich als Gastarbeiter - größtenteils im Niedriglohnbereich - verdingen: Handwerker und Bauarbeiter aus Indien und Pakistan, Ingenieure aus dem fernen Osten, Hotelfachleute und Banker aus Europa – die Liste ist fast beliebig fortsetzbar – bringen ihr Wissen und Know-How ein. In vielen Fällen stellen sie einfach ihre pure physische Arbeitskraft zur Verfügung. Ein Heer von zumeist indischen Bauarbeiten setzt in brütender Hitze auf Baustellen und Großprojekten den Gigantismus der Scheichs um. Beim Betrachten dieser Megabaustellen drängen sich nicht nur dem phantasievollen Beobachter Parallelen zum Bau der Pyramiden auf. Andere arbeiten in Hotels als Security Guards oder als Verkäufer in den Shopping Malls. Im Prinzip betreiben die Expats den kompletten Dienstleitungssektor. Und eines haben sie alle gemein: Sie kommen an den Golf, auf der Suche nach Arbeit und weil sie hier mehr Geld verdienen können als in ihrer Heimat.

Einfache Arbeiter und Hilfskräfte verdienen umgerechnet etwa knappe 300 Euro. Im Idealfall kommen sie zusätzlich in den Genuss einer kostenfreien medizinischen Versorgung und eines jährlichen Freiflugs in die Heimat. Gut ausgebildete Fachkräfte haben natürlich ein höheres Einkommen und können ihre Familien mit an den Golf holen. Bei Letzteren handelt es sich hauptsächlich um westliche Ausländer. Sie sind Facharbeiter, Vertreter ausländischer Firmen oder Manager im Tourismusbereich; unter ihnen sind auch etwa 3.000 Deutsche.

Die Kehrseite der Medaille: Jeder, der in die Emirate kommt, ist und bleibt ein Arbeitsemigrant. Er bleibt ohne politisches Stimmrecht und der Möglichkeit Besitz oder mehrheitlich Anteile an einem Unternehmen zu erwerben. Es gibt keine Kranken- oder Sozialversicherung und fast nur Arbeitsverträge auf Zeit. Wer das Rentenalter erreicht oder seinen Job verliert, muss das Land zügig verlassen. Die Vergabe der Staatsbürgerschaft der Emirate ist ein Tabu und wird den Expats verweigert. Das Argument: Die Emirate wären sonst in kürzester Zeit kein arabisches Land mehr. Wie lange diese restriktive Politik noch Bestand haben kann, wird sich zeigen, vor allem vor dem Hintergrund der derzeitigen Weltwirtschaftskrise.

Es gibt also ganz klare Regeln im Leben der Expatriates. Wer öfters verspätet zur Arbeit kommt oder etwa betrunken in der Öffentlichkeit ertappt wird, dem droht der Verlust des Arbeitsplatzes und somit die Abschiebung. Die lokalen Entscheider können es sich erlauben, denn die Schar der Arbeitssuchenden, vor allem aus der Dritten Welt, ist groß. Aufgrund dieser Situation wundert es nicht, dass im Land auch eine klare Arbeitsteilung herrscht. Die Locals sitzen an den zentralen Schalthebeln der Macht und arbeiten im Staatsdienst oder familieneigenen Firmen, weniger in der freien Wirtschaft.

Die Emirati - eine sehr heterogene Gesellschaft
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